www.ADS-SHG.de





 

Herzlich willkommen

auf www.ads-shg.de der Internetpräsenz der ADS Erwachsenen und Jugendlichen Selbsthilfegruppen Ingolstadt und der Studentischen ADS Selbsthilfegruppe Augsburg.

Bitte wählen Sie im Menü auf der Linken Seite die Selbsthilfegruppe oder allgemeine Informationen zum Thema ADS.

Was ist ADS?

ADS steht für Aufmerksamkeits Defizit Syndrom. Betroffene haben typischerweise, jedoch in individuell unterschiedlicher Ausprägung, Probleme mit der Aufrechterhaltung von Aufmerksamkeit, der Kontrolle ihrer Impulsivität und mangelndem Antrieb. Das heisst, sie können etwa die Aufmerksamkeit nur wenige Minuten aufrecht erhalten, handeln häufig bevor sie denken und haben Probleme damit Dinge überhaupt zu beginnen und zu Ende zu bringen (mangelnde intrinsische Motivation).
Diese Defizite führen häufig zu Problemen und Konflikten im schulischen, beruflichen und privaten Bereich, sei es durch nicht-erfüllen von Erwartungen als auch durch impulsives unangepasstes Verhalten im Umgang mit anderen. Diese Probleme verursachen, wenn sie zu groß werden einen erheblichen Leidensdruck, der in der Regel Anlaß ist, sich Hilfe zu suchen.

Seit wann ist ADS bei Erwachsenen bekannt

Bis in die 1970er ging man davon aus, daß es sich dabei quasi um eine Kinderkrankheit handle die sich mit dem älter werden auswachse und damit bei Erwachsenen nicht mehr auftrete. Einer der ersten Wissenschaftler der sich im Rahmen seiner Forschung zu ADS dem weiter existieren der Störung über das Kindesalter hinaus, also ADS bei Erwachsenen öffnete war Dr. Paul H. Wender.

Seitdem hat sich in den USA das Wissen und die Akzteptanz, daß es ADS auch bei Erwachsenen gibt sehr gut verbreitet und wird nicht mehr angezweifelt. Vielmehr ist ADS dort als Behinderung anerkannt und ADS Betroffene stehen damit unter dem Schutz eines Gesetzes gegen die Diskriminierung von Behinderten, da ADS das Kriterium der Beeinträchtigung über alle Lebensbereiche hinweg erfüllt.

In Deutschland setzt sich das Wissen und die Akzeptanz, daß es ADS bei Erwachsenen gibt nur sehr langsam und zögerlich durch. Deshalb ist es hierzulande noch sehr schwer Ärzte zu finden, die sich mit ADS bei Erwachsenen auskennen, es diagnostizieren und behandeln können und wollen.

Behandlung

Behandeln kann sowohl medikamentöse Therapie als auch Psychotherapie bzw. Verhaltenstherapie bedeuten. Während in den USA durch Vergleichsstudien gezeigt werden konnte, daß die Medikation mit Stimulantien wie Methylphenidat als Therapie der ersten Wahl gelten kann, weil sie sowohl bei Kindern, als auch Erwachsenen im Vergleich zu anderen Therapieformen die besten Erfolge erzielt, herrscht in Deutschland eine recht verhaltene Einstellung gegenüber einer Medikation. Weniger bei Kindern (von 6-18 Jahren), denn für diese ist Methylphenidat zugelassen, jedoch bei Erwachsenen, da es nicht wenige Ärzte gibt, die eine Medikation bei Erwachsenen mit diesem Wirkstoff strikt ablehnen, sei es weil sie sich scheuen, trotz positiver Forschungsergebnisse ein Medikament außerhalb seiner Zulassung zu verordnen, bzw. die Existenz von ADS bei Erwachsenen gar ganz leugnen.

Ursachen

Letzteres, obwohl die Existenz von ADS mittlerweile kaum mehr als strittig gelten kann. Eher strittig sind jedoch die Ursachen von ADS. Diese sollen, so die aktuelle Mainstream Meinung im Neuropsychologischen Bereich in Form einer überwiegend ererbten Störung des Dopamin-, Noradrenalin- und Serotonin-Stoffwechsels zu finden sein und eben durch Methylphenidat für die Dauer der Medikamentenwirkung korrigiert werden können. Der Therapieerfolg scheint diesem Ansatz recht zu geben. Darüber hinaus findet diese These der ererebten Stoffwechselstörung darin Stützung, daß durch Zwillingsforschung nachgewiesen werden konnte, daß wenn ein Zwilling von ADS betroffen ist, der andere Zwilling, selbst wenn diese nicht zusammen aufwachsen, überzufällig häufig auch betroffen ist.

Daneben existieren Kognitive Ansätze, die ADS nicht als genetisch bedingte Störung betrachten, sondern als Entwicklungs- und Lerndefizit, daß durch entsprechende Psycho-, Verhaltens, und Mototherapeutische Förderung behoben werden kann.

Eine letzte Sichtweise sind systemische Ansätze die der Familie eine starke Bedeutung zu kommen lassen. Da in der Systemtheorie davon ausgegangen wird, dass Interaktionen dazu führen, daß sich Mitglieder eines System aneinander anpassen um das System ins Gleichgewicht zu bringen, können ADS Symtome so aufgefasst werden, dass der ADS Betroffene lediglich der Symptomträger eines ungesunden Gleichgewichts des Systems ist. Zur Behandlung wird von dieser Schule eine systemische Familientherapie empfohlen.

Meiner Meinung nach greift dieser Ansatz zu kurz und baut noch auf der Ansicht, daß ADS nur bei Kindern auftrete auf, denn spätestens bei Erwachsenen die keinen Kontakt mehr zu ihren Familienangehörigen haben und nicht mehr mit ihnen zusammen leben, kann das System Familie nicht mehr Ursache für die Aufrechterhaltung der ADS sein.

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß professionelle Helfer jeglicher Couleur natürlich wenn auch unbewußt nicht ganz uneigennützig ihre Denke favorisieren. Am besten belegt ist jedoch momentan der neuro-psychologische Ansatz und die damit korrespondierende als wirksam bestätigte medikamentöse Therapie.
Teilweise wird beschrieben, daß eine Kombination verschiedener Ansätze der goldene Weg sei. Allerdings zeigten Studien zum Vergleich der Wirksamkeit verschiedener einzelner bzw. kombinierter Ansätze, nur eine geringfügige bzw. nicht signifikant (überzufällig) bessere Wirkung von Psychotherapie UND Medikation im Vergleich zu NUR Medikation.

Verbreitung von ADS und Kosten der Therapie

Unter dem zusätzlichen Aspekt, daß eine Psychotherapie oder Verhaltenstherapie sehr Kosten- bzw. Personalintensiv ist und allein wenig und auch zusammen mit Medikation kaum oder keine zusätzliche Wirkung zeigt, scheint hier die erwiesenermassen wirksamste Einzeltherapie - die Medikation -, zugleich auch die wirtschaftlichste Therapie zu sein. Dies ist bei einem Auftreten (Prävalenz) von ADS bei 9% aller Kinder, und 6% aller Erwachsener (nach Wender) ein Faktor, der vor dem Hintergrund steigender Kosten im Gesundheitswesen nicht gänzlich vernachlässigt werden kann.

Bedingungen unter denen ADS als Störung auftritt - Erklärungsansätze für die steigende Zahl der Diagnosen

Die heute angegebene hohe Prävalenz für ADS bedeutet jedoch nicht, daß es sich -wie manchmal geäußert- um eine Modekrankheit handle, sondern kann vielmehr als Folge sich verändernder Gesellschaftlicher Verhältnisse gesehen werden. Es wird davon ausgegangen, daß sich die Verbreitung von ADS nicht verändert hat, daß die Lebensumstände heute jedoch eher dazu geeignet sind ADS als Problem erscheinen zu lassen. (Link)
Was den in den letzten Jahren exponentiell steigenden Methylphenidatverbrauch angeht, so läßt sich dieser als (Nachhol-)Bedarf auffassen, welcher auf die steigende Zahl -durch die soziale Umwelt bedingt-, an unter dem ADS-Syndrom Leidenden, dem Erkenntnisfortschritt in der Forschung, der damit einhergehende größeren Bekanntheit des Syndrom und der in der Folge stärkeren Sensibilisierung von Eltern, Pädagogen und Ärzten für die ADS Problematik hervorgerufen wird.

Man kann das in jüngster Vergangenheit verstärkte Auffallen bzw. die stärkere Ausprägung von ADS - ich sage bewußt nicht die tatsächliche Häufigkeit, welche sich wohl aufgrund der durch Zwillingsstudien belegten genetischen Disposition nicht verändert haben kann - als Indikator dafür ansehen, daß sich die Gesellschaft mit ihren Anforderungen und Notwendigkeiten immer mehr von der Unterschiedlichkeit der Menschen weg entwickelt, und nur noch ein bestimmter Idealtypus den Anforderungen gerecht wird, dem alle Menschen zunehmends näher kommen müssen, um nicht überrollt, abgehängt, ausgeschlossen oder an den Rand gedrängt zu werden.

Ebenso muß die Bedingungen diskutiert werden, unter denen Kinder heute aufwachsen und inwiefern diese als Risikofaktoren für die Verstärkung einer genetisch dispositionierten ADS-Symptomatik verantwortlich sein könnten. Stichworte sind Berufstätigkeit beider Elternteile, Schlüsselkinder, soziale Verwahrlosung, unzureichende Betreuungsangebote außerhalb den Familien.

Bei rund 7 Prozent ADS Betroffenen in der Bevölkerung (wenngleich bisher nur ein kleiner, jedoch rasant anwachsender Teil diagnostiziert wurde) kann es sich keine zivilisierte Gesellschaft leisten diese Probleme dauerhaft zu ignorieren, sondern ist aus ethischen Gründen angehalten wirkungsvolle Therapien anzubieten um die abweichenden Menschen anzupassen (genau hierin besteht die Aufgabe der Psychiatrie) oder die sozialen Bedingungen so zu verändern, daß die meisten ADS Betroffenen wieder voll integeriert sind und nicht systematisch aufgrund Ihres Defizits benachteiligt werden bzw. als Störfaktor auffallen.

Daher muss es als unumgänglich gelten die soziale Umwelt (die Gesellschaft) so um zu gestallten, daß ein geringerer Selektionsdruck herrscht, vom Idealtypus abweichende Menschen allgemein wieder besser integeriert sind. Also auch im Bezug auf ADS weniger Menschen einen Leidensdruck durch ihr Anderssein und die damit einhergehenden negativen Sanktionen verspüren.
Dies als langfristiges Ziel im Hinterkopf, sollte bis dahin jedoch jedem der im Hier und Jetzt einen entsprechenden Leidensdruck hat und Hilfe sucht, mit allen jetzt zur Verfügung stehenden Mitteln geholfen werden.

Christian Steinle